Frau am Grill

Es gibt nur wenige Dinge, die mich zur Verzweiflung bringen können: die Katastrophe mit dem Klima, die Kommunikationstechnik in unserem Haus und der blöde Grill. Letzterer wird ja glücklicherweise demnächst wieder eingemottet, nachdem er dieses Jahr exakt zweimal in Betrieb genommen wurde.

Einmal kurz nach Ostern zum Einläuten der warmen Saison, das hat in meiner Erinnerung auch gut geklappt, beim zweiten Mal zum lang vermissten Mädelsabend im Juni, als es wieder erlaubt war, sich im Freien zu treffen, was aber eine totale Pleite war.

Für mich liegt das eigentliche Problem beim Grillen im Planungsbedarf und dem geringen Spielraum für Spontaneität. Was kann man schlechter vorhersehen als zum Beispiel das Wetter. App hin oder her, sie sagt einem nicht, ob man an einem Tag mit über 30 Grad überhaupt noch Lust hat, die Umgebung mit weiteren 240 Grad aufzuheizen. Manchmal ist es einfach zu heiß zum Essen, da genügt eigentlich der Griff zum kühlen Wein. Sie sagt einem auch nicht, ob man von Wespen heimgesucht wird oder einem Kriebelmücken die Knöchel blutig beißen oder ob man an dem Tag (oder meistens ist es ja der Abend) überhaupt Appetit auf Grillwürstchen hat.

Logistisch ist Grillen insofern herausfordernd, als mein Mann bei einem Hausmetzger drei Dörfer weiter erstmal Schlange stehen muss, was er aber zu diesem Anlass gerne tut, weil es für ihn die einzige Chance ist, Fleisch im eigenen Haus zu sich zu nehmen. Ich dagegen muss Tofugriller für unseren Sohn besorgen, Kartoffelsalat machen, den Ketchupvorrat überprüfen und an die Zutaten für die von den Töchtern gewünschten Gemüsespieße denken. Und haben wir überhaupt noch Holzkohle? Ich würde eigentlich am liebsten Pizza grillen, aber dazu fehlt dann meistens die Zeit und sie bleibt in der Regel auf der Strecke. Ich will ja schließlich nicht für 20 Minuten Familien-Grillerlebnis den halben Tag in der Küche stehen.

Meistens ist es ja so (zumindest hier im Norden), dass es ganz gerne mal unerwartet regnet, auch im Sommer. Letztes Jahr haben wir uns von den Prognosen dennoch nicht abschrecken lassen – es war ja schließlich alles geplant und organisiert – mit dem Ergebnis, dass wir uns eng und recht ungemütlich unter den Sonnenschirm quetschen mussten, der uns vor dem spontanen Regenguss schützen sollte. Das Essen war schließlich so schnell beendet, wie der Wind aufkam, und wir rannten zwischen dem Grillplatz an unserer Wiese und dem Haus hin und her, um wenigstens die Salate und das Brot vor dem Ertrinken zu retten. Die Hunde fanden das toll, endlich war was los, und es blieb einiges für sie übrig.

Nein, zum Grillen sollte man sich am besten einladen lassen, dann trägt man nicht die ganze Verantwortung für den gelungenen Ablauf. Oder man lädt selbst Freunde dazu ein. Da kann dann jeder was mitbringen, und man sitzt (falls im Idealfall mal alles klappen sollte) auch gemütlich ein paar Stündchen zusammen. Beim Mädelsabend im Juni bei uns scheiterte ich damit allerdings auf ganzer Linie. Das Anfeuern fiel nämlich in meine Zuständigkeit, Männer waren ja keine da, und ich stehe mit Feuer auf Kriegsfuß.

Ich wollte endlich meine Pizzen grillen, alles war schon vorbereitet. Die Mädels trudelten langsam ein, während ich mein Bestes gab, um die Kohle zum Glühen zu bringen. Vorher dachte ich noch, Kinderspiel, bloß nicht zu früh damit anfangen, mit dem Schlot geht das Durchglühen ja dreimal so schnell. Aber Pustekuchen, nichts tat sich, ich hatte die Kohleanzünder nämlich oben drauf gelegt statt drunter, füllte dann in meiner Verzweiflung alles um in den Grill, währenddessen wir unseren Hunger in der Abendsonne mit Drinks runterspülten und immer lustiger wurden. Das mit der Luftzufuhr bekam ich auch nicht hin und musste deshalb  nebenher noch kräftig in die Kohlen pusten bis mir schwarz vor Augen wurde. Also mehr Prosecco. Das Thermometer stieg trotz aller Bemühungen nichtmal über 180 Grad. Mir jetzt noch eine Problemlösung per Youtube-Video zu holen, dazu hatte ich auch keine Lust mehr, unser Wlan hätte garantiert auch nicht funktioniert.

Mein Gatte ist übrigens der Ansicht, dass der Wert meiner physikalischen Theorien so nützlich ist wie seine medizinischen, mit anderen Worten: er beläuft sich gegen Null. Zum Anstellen des Herdes brauche ich die aber zum Glück auch gar nicht. Gerettet hat uns letztendlich nämlich mein Backofen. Der hat mich noch nie im Stich gelassen. In diesem Sinne bin ich gerne die Frau am Herd. Grillen kann ruhig Männersache bleiben.

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