Grün ist gut

Vor einiger Zeit wollten mir meine Kinder weismachen, dass sie von Brokkoli Halskratzen, Pickel und Ausschläge bekommen. Solche Aussagen sollte man natürlich am besten von vorne herein ignorieren, aber eines von ihnen lief tatsächlich mit Dauerschnupfen durch die Gegend. Da es an dem grünen Gemüse nicht liegen konnte – die Ernte war ja schon längst komplett verwertet und ich nehme nicht an, dass sie heimlich welchen gegessen hatten – machten wir den Allergietest. Das Ergebnis: Hausstauballergie. So etwas in der Art hatte ich vermutet und schon vorher damit gewitzelt, da für meine Kinder das Wort Staubwischen ein Fremdwort ist. Mir reicht es, an ihre Zimmer zu denken, um davon Hustenreiz zu bekommen, sowie an ihre mit Chipstüten (die ich garantiert nicht eingekauft habe) und Schokoladenpapier gefüllten Papierkörbe, damit mir übel wird.

Doch in Wahrheit sind Allergien und Unverträglichkeiten gar nicht lustig. Auch wenn es heute viele Mitmenschen damit übertreiben. Tapert man durch den Supermarkt und sieht sich die mit glutenfreien, laktosefreien oder mit sonstwas-freien Produkten prall gefüllten Regale an, könnte man meinen, die Hälfte der Bevölkerung leide unter Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten. Gegen letztere kann man auch nur wenig machen, denn im Körper der Betroffenen – und es sind in der Tat weniger als man denkt – sind zu wenig Enzyme vorhanden, um bestimmte Nahrungsbestandteile zu verwerten. Wer aber davon profitiert und das Unwohlsein schürt, ist die Wirtschaft. Logisch.

Allergien dagegen haben insgesamt als Zivilisationskrankheit zugenommen. Die gestiegene Zahl derjenigen, die bei Pollen, Tierhaaren und Hausstaub dicke Augen, eine Schniefnase oder Schlimmeres bekommen ist leider belegt. Und leider weiß man noch nicht so recht, wodurch die extreme Ausbreitung der Allergien in den westlichen Industriestaaten hervorgerufen wird: ob sie genetisch festgelegt sind, ob es am Immunsystem liegt, an der Ernährung oder den Umwelteinflüssen? Ob sie durch psychische Belastung oder den Lebensstil bedingt sind? Oder durch eine Kombination dieser Faktoren?

Gegen dieses Phänomen arbeitet die Clean Eating Bewegung. Die Idee: Wer sich gut ernährt und seinen Körper nicht mit künstlichen Zusätzen oder stark verarbeitetem Essen belastet, lebt gesünder, bessert sein Allgemeinbefinden und verhindert sogar Allergien. Wenn man ehrlich ist, geht es bei Clean Eating um eine Renaissance der guten, altbekannten Vollwertkost. Und natürlich haben ihre Verfechter Recht damit, dass man natürliche, unbehandelte Lebensmittel immer bevorzugen sollte. Unbestritten ist auch, dass sekundäre Pflanzenstoffe Bestandteile mit gesundheitsfördernder Wirkung sind, die unsere Körperzellen vor Entzündungen schützen und Krankheiten vorbeugen. Grün ist einfach gut und ein Zuviel gibt es nicht.

Jedenfalls habe ich zuhause kurzerhand mein Anti-Allergie-Programm gestartet. Punkt 1: Zimmer ordentlich putzen und regelmäßig lüften. Punkt 2: regelmäßig Nasenspülung machen. Punkt 3: Immunsystem stärken. Das liegt wo? Im Darm. Also zum Frühstück grüne statt gelbe Smoothies (die sind sowieso besser, wurden aber misstrauisch beäugt und nur unter gutem Zureden getrunken), keine Süssigkeiten mehr kaufen und weniger Zucker essen, dafür Dattel-Konfekt selber machen, eigene Müsliriegel und Lunch im Glas für die Schulpause. Punkt 4: mehr Sport treiben, Erholungspausen einlegen – auch und insbesondere vom Smartphone.

Was soll ich sagen? Meine Maßnahmen hatten durchschlagenden Erfolg. Schon nach dem ersten Tag (!) kamen positive Rückmeldungen. Der Schnupfen war plötzlich gar nicht mehr so schlimm. Die Zimmer waren sauber. Mittagessen im Glas für die Schule bitte 2 mal die Woche (da habe ich mir wohl selbst ein Bein gestellt). Nur mein Sohn streikte beim Palmkohl im Obsttrunk wegen der grünen Farbe. Aber sonst kann ich mich nicht beklagen. Vielleicht wollten sie einfach auch nur vom Gesundheitsthema schnell ablenken, um sich wieder in Ruhe in ihren Höhlen einmotten zu können.

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