„Macht der Thermomix auch Chips und Spaghetti?“, war die erste Frage meines Gatten, als ich ihm am Morgen nach unserem Mädelsabend berichten sollte. Normalerweise bringt jede von uns an diesen Abenden etwas mit, Salat, Dip, den Crémant, Baguette oder Dessert, diesmal sollten wir uns aber einem Experiment aussetzen und uns überraschen lassen. Die Überraschung lag jedenfalls darin, dass wir mit einem Thermomix bekocht wurden – eine Premiere für jede von uns. Selbst für die Köchin, die bei unserem Eintreffen einen recht entspannten Eindruck machte.
Ganz praktisch scheint das Ding ja zu sein, mit seinen ganzen Funktionen und sorgt für Platz in der Küche: Pürierstab, Reibe, Küchenmaschine, Wasserkocher und Rührgerät können getrost in Kartons verpackt fortan im Keller ihr Rentnerdasein fristen. Ich gebe zu, ich habe eine Abneigung gegen das Gerät (siehe meine Kolumne Thermo-Terror). Aber man kann seine Ansichten ja unter Umständen ändern.
An besagtem Mädelsabend stand er also ganz präsent in der Küche und wartete auf seinen Einsatz, der „teuerste Eierkocher der Welt“, wie er auch gerne genannt wird, in coolem Mattschwarz und mit beachtlichem Touch-Display. Ich musste unwillkürlich an meine 40 Jahre alte Küchenmaschine denken, die ich zwar liebe und die noch immer für mich rackert, die ich aber aus rein ästhetischen Gründen dann doch lieber im Schrank verstaue.
Der Tisch war gedeckt, die Küche sauber, kein Gebrutzele, kein Geköchele, keine duftenden Nasenkitzler wie sonst, keine Töpfe, nur ein paar Schüsseln mit Zutaten standen da, ein Rote-Bete-Dip schon fertig, und das Ciabatta wartete auf dem Toaster. Ich dachte eigentlich, wir müssten jetzt selbst anfangen zu kochen und das Teil betätigen. Aber, und das weiß man schon nach einem Blick in entsprechende YouTube-Kanäle: Beim Thermomix gibt es natürlich nicht viel zu kochen.
Der Brokkoli-Salat
Zugegeben, bei einem Salat gibt es niemals viel zu kochen. Man überlegt sich eine Zusammenstellung, rührt sein Dressing, putzt und schnippelt das Grünzeug, macht vielleicht noch ein Topping, und das war es im Wesentlichen schon. Der Thermomix macht daraus jedoch eine 30 Sekunden-Angelegenheit. Deckel auf, Rezept ausgewählt, Wiegen-Funktion an, alle Zutaten nacheinander rein in den Mixer, alles auf dem Display abgehakt, Knopf gedrückt, erst ein leises Surren, dann ein aufmunterndes „Dädädädida“ und fertig ist der Salat, perfekt und bildreif zerkleinert, muss nur umgefüllt werden. Beeindruckend! Der Toaster fürs Brot braucht tatsächlich länger. Wir setzten uns für die Vorspeisen. Der Rohkostsalat schmeckt wie ein Rohkostsalat schmeckt und ist gesund.
Die geröstete Möhren-Suppe mit Petersilien-Pesto
Wir schlabbern noch unseren feinen Schaumwein, während sich unsere Gastgeberin wieder ihrem neuen Koch-Mixer widmete. Die Möhren waren vorher bereits im Ofen zum Rösten, ansonsten auch hier das gleiche Prozedere: Rezept ausgewählt, Wiegen-Funktion an, alle Zutaten nacheinander rein in den Mixer, alles abgehakt, Knopf gedrückt, das leise Surren, dann wieder ein aufmunterndes „Dädädädida“, und fertig ist die Suppe. Das Pesto dazu war schon vorbereitet, im gleichen Verfahren natürlich. Wenige Minuten später dampft sie in unseren Tellern. Die Suppe schmeckt tadellos, die Konsistenz ist toll schaumig.
Es soll ja Menschen geben, die ihrem Alleskönner einen Namen geben, auf die Signale, die er absondert, verbal reagieren und sich in der Küche dann mit ihrem Thermi (ein bisschen langweilig), Mrs Patmore (aus Downtown Abbey), Therminator (schon klar), Mischmaschine, Heinz Rührmann oder Mampfinator unterhalten. Aus psychologischer Sicht ist das, glaube ich, nicht besonders bedenklich. Eine Namensgebung deutet eher darauf hin, dass der Mensch zum Objekt eine persönliche Beziehung aufbauen will, um so zu einem Gefühl der Kontrolle und des Verständnisses zu kommen. Wenn man also einmal seine Schwiegermutter, seine Freundin oder den Nachbarn dabei ertappen sollte, wie sie oder er mit dem Roboter spricht, kann man unbesorgt sein.
Mango-Sorbet
Das Dessert kommt direkt aus dem Gefrierschrank. Es wurde im Gerät nach dem gleichen Konzept zubereitet, um dann in der Kühlung zu landen. Hier muss ich sagen: keine Chance, der Thermomix ersetzt die Eismaschine niemals.
Das Abendessen hat uns allen geschmeckt. Wenn man aber weiß, wie unsere Freundin sonst kocht, dann hält der Mixer da nicht mit. Richtiges Kochen ist etwas anderes als für die Maschine optimierte Zutatenlisten abzuarbeiten, Zubereitungsschritte abzuhaken, mit einer vorgegebenen Rezepte-Datenbank zu arbeiten, die man zudem noch abonnieren muss. Der Apparat mag super praktisch sein für Suppen, Babybreie, Saucen, Rohkostsalate, Eintöpfe. Doch er ist seelenlos. Wo bleiben die Neugier, die Lust auf Versuche, die Überraschung, die Kreativität, die Raffinesse, die persönliche Note?
Er mag praktisch sein für jemanden, der nicht Kochen kann oder keine Lust darauf hat, keine Ideen, der gerne auf Knopfdruck etwas zu Essen herstellt, der zuverlässig und ohne Risiko immer das gleiche Ergebnis erzielen will. Aber ich vermute stark, dass sich die Nutzung des Thermomix in den meisten Haushalten doch nach einer gewissen Zeit abnutzt, sich der Mehrwert verliert und auf ein Zuarbeiten in der Küche reduziert, auf die normale Küchenmaschine.
Übrigens ist unser aktueller Kanzler bekennender Thermomixer. Er hätte uns das gleiche Essen genauso zubereiten können. Will man das?