Scheußliche Weihnachts-Fallen

Als Frau kann man schon in ganz schön viele Fallen tappen. Gerade vor Weihnachten, wenn wir vom unentrinnbaren Klang lieblicher Glöckchen gebrainwashed von Shop zu Shop hasten, um den Herzallerliebsten ein schönes Weihnachtsfest zu bescheren und den Augen der Pubertiere wenigstens ein kurzes Aufleuchten zu entlocken, bevor sie sich wieder in ihre Höhlen verkriechen.

Bitte bloß nicht wieder in die Enttäuschungsfalle tappen und Tränen ernten, weil das ersehnte Handy keinem der Päckchen zu entnehmen war, bitte bloß nicht in die Kleiderfalle tappen, wie die Großmutter das hartnäckig, ja geradezu zwanghaft und unbelehrbar seit Jahrzehnten praktiziert und reduzierte Klamotten („tolle Qualität“) verschenkt, die früher heimlich in der Altkleidersammlung landeten und ihr heute eiskalt zurückgegeben werden. (Regelmäßig folgt darauf eine beleidigte Funkstille, man könnte es auch Erholungspause nennen.)

Nein, von Erholung kann jetzt keine Rede sein. Wir kämpfen uns also zwischenzeitlich durstig und mit knurrendem Magen die Einkaufsstraßen hoch und runter, durchqueren von Publikum überquellende Weihnachtsmärkte, den Duft von Mandeln und Maroni in der Nase, beneiden Menschen, die sich mit Glühwein aufmuntern, während uns die Zeit davonläuft. Also schnell ins Auto und ab nach Hause, auf der Schnellstraße noch ein bisschen schneller, aber bloß nicht die Radarfalle vergessen. Im Radio George Michaels Christmas-Dauerbrenner. Apropos … wir brauchen ja noch Backzutaten, also ein kurzer Stop-over im Laden einlegen.

Manchmal kramt das Gehirn ja die absurdesten Infos, die man irgendwann aufgeschnappt hat, aus irgendwelchen dunklen Kanälen hervor. Zu denen gehört zum Beispiel, dass die Weihnachtszeit für Frauen auch noch die scheußlichsten aller Fallen bereithält, nämlich die bösen Kalorienfallen. Das fängt schon im Supermarkt an, den man am besten nur mit Pfefferminz im Mund betreten sollte (das dämpft angeblich den Heißhunger auf Süßes). Wer auf Limited-edition-Marketingtricks hereinfällt oder im September schon Lebkuchen kauft, ist sowieso selber schuld (die Strafe für 4 Lebkuchen liegt bei 1 Stunde Crosstrainer).

Sollte jemand dann tatsächlich noch die Traute haben, zu Hause an Bärentatzen und Spitzbuben zu denken, bitte, der muss sich warm anziehen und den Mund mit Heftpflaster zukleben, denn die Geruchsfalle des durchs Haus ziehenden Plätzchendufts verführt zu unerlaubtem Naschen. Als Maßnahme wird tatsächlich das Öffnen der Fenster empfohlen. Und Löffel ablecken? Unter Todesstrafe verboten!

Ich bin kein übermäßiger Zuckerfreund. Aber wie soll das schmecken? Vanillekipferl mit Apfelmus gesüßt und in Xylit gewälzt („satte 40 Prozent Kalorien einsparen“)? Eine Horrorvorstellung.

Als Vorschläge für weitere Appetit verderbende Maßnahmen, nein, Entschuldigung, ich meine natürlich figurfreundliche Alternativen, werden so nette Dinge aufgeführt wie ein fettarmes Weihnachtsmenü (man braucht nur wenig Fantasie, um sich die begeisterten Gesichter beim Anblick eines frugalen Low-Carb-Mahls vorzustellen), kontrolliertes und gezügeltes Essen auf der Weihnachtsfeier, wo man sich am besten am entferntesten Punkt vom Büfett platziert,  alkoholfreien Sekt wählt (igitt!) und als Folge wahrscheinlich alleingelassen die Feier verlässt.

Das gilt ebenso für den Weihnachtsmarkt („bestellen Sie einen Kinderpunsch“), den man darüber hinaus nur betreten sollte, wenn man vorher seinen Body mit Magerquark oder Hüttenkäse gestärkt hat, um sich gegen Schmalzgebäck und Maßlosigkeit zu wappnen. Und die Bratwurst (!) dann aber bitte gut und bewusst kauen.

Ach ja, das sind endlich mal handfeste Tipps. Leider passen sie so gar nicht in unser Leben, denn wo bleibt die Freude am Essen und die Lust am Genuss? Die kann man auch haben, ohne sich gleich die Bikinifigur zu ruinieren. Und genau deshalb, werden jetzt erstmal Butter, Puderzucker und Mandeln für die Vanillekipferl gekauft. Die sind so gut, dass sich selbst der demente Großvater noch an sie erinnern kann. So soll es sein.

Rezept: Vanillekipferl nach Tante Fanny

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