Ich freue mich auf Weihnachten. Kein Witz! Nicht wegen der superleckeren Zimtsterne, Vanillekipferl oder Bärentatzen. Nein, deren Kalorien belasten bis dahin schon unsere Hüften und unser Gewissen. Auch nicht, weil ich dann vielleicht endlich die ersten Zitronen in meinem italienischen Garten pflücken kann. Auch nicht unbedingt, weil kurz nach dem Weihnachtsmann wieder Osterhasen in den Regalen stehen und den Frühling ankündigen.
Nein, ich freue mich auf Weihnachten, weil es Geschenke gibt. Das hoffe ich zumindest, denn ich habe mir diesmal etwas ganz doll gewünscht. Etwas Selbstgemachtes. Das sind mir sowieso die liebsten Geschenke. Mit etwas Wehmut denke ich an die Zeiten zurück, in denen die Kinder klein waren und sich am Nachmittag von Heiligabend noch schnell ein Bild nach dem anderen zusammengekritzelt haben, um nicht mit leeren Händen dazustehen. Wie sich das gehört, habe ich sie alle aufgehoben.
Aber selbst das kriegen sie heute nicht mehr hin. Weil ihnen partout keine passenden Motive mehr einfallen wollten, haben sie irgendwann angefangen, ihr wertvolles Taschengeld für Pralinen, Kerzen und anderen Krimskrams auszugeben. Das will man natürlich nicht. Also bleibt nur eins: man muss ihnen konkrete Ideen und Wünsche liefern, selbstverständlich unter Berücksichtigung ihrer Begabungen.
Ich trage also unserem Sohn, der sich mit Geschenken am schwersten tut, vor: Ein neues Vogel-Futterhäuschen bauen („Kauf dir eins bei Obi“), einen Wintermantel für den kleinen, alten, weißen, zittrigen Hund nähen („Das soll Antonia machen“), ein Bild auf Leinwand malen („Vergiss es“), aber am allermeisten wünsche ich mir einen …Nudeltrockner. „Ihr könnt ihn auch zusammen machen,“ schlage ich hastig vor, aber schon zieht sich das jüngste Geschöpf schweigsam und noch völlig fertig vom Sportunterricht zurück.
Und egal, welche Vorlagen ich jetzt liefere, ihm wird der Ernst der Lage sowieso erst wieder am Vierundzwanzigsten um 16 Uhr klar, nämlich wenn alle Läden zu haben und Weihnachten unmittelbar bevorsteht. Vielleicht wäre unter diesen Voraussetzungen der Wunsch nach einem Angel food cake das Richtige. Den hat er schließlich zum Geburtstag seiner älteren Schwester vor drei Wochen auch in letzter Minute improvisieren können. Nett wie ich bin, würde er die Zutaten dann zufällig vorfinden. Die sechs Eigelbe könnte ich dann wieder gut in Tagliatelle verarbeiten.
Nächster Anlauf. Ich wende mich an unsere Dame aus dem Kunstprofil. „Emma, ich wünsche mir zu Weihnachten einen Nudeltrockner, selbstgebastelt, mit viel Hängeplatz, schnell demontierbar, nicht so filigran und so fuddelig wie die von Amazon und natürlich formschön.“ Also ein erstes Designprojekt, vielleicht sogar patenttauglich. Ich finde meine Idee genial. Vor allem kommt sie auch noch rechtzeitig. Das Kind stöhnt etwas in sich hinein und macht die Biege in sein Zimmer. Ich fürchte, das war´s dann…
Umgekehrt würde auch ich mir wünschen, dass mich irgendwelche Hinweise erreichen. Als sie kleiner waren, hat die Schenkerei mehr Spaß gemacht. Bei Lego, Harry Potter und Abercrombie gab es glänzende Augen und man vernahm noch Jubelschreie. Die sind irgendwann verebbt. Nicht, weil es keine Bücher oder Klamotten mehr gab, sondern weil es in anderen Familien frühzeitig iPhones und irgendwelche Superkopfhörer und Laptops hagelte. Wir sperrten uns aus pädagogischen Gründen so lange es ging gegen solche Gaben und galten deshalb als total uncool. Jahre später mussten wir uns von unserer ältesten Tochter sogar anhören, dass sie ihren ersten Gameboy erst bekam, als sie sich gar nicht mehr dafür interessierte.
Jetzt haben sie alles. Also was tun? Wie wäre es mit einem Motto-Weihnachten wie: keine Geschenke, kein Verpackungsmüll? Um dann doch lange Gesichter unterm ökologisch unbedenklichen Tannenbaum zu kassieren? Das Risiko wäre hoch. Vor allem müsste ich mir meinen Nudeltrockner dann selbst bauen. Obwohl der Rest der Truppe unmittelbar von diesem Wunsch profitieren würde.
Wie Letztens. Da stand ich auf wieder mit 700 g Nudelteig in der Küche und machte die aller-aller-besten Tagliatelle, goldorange von den 7 Eigelben, nudelte sie durch die Maschine und wusste mal wieder nicht wohin damit, stand dann so in der Küche rum mit den Nudeln in der Hand und suchte fieberhaft nach einer Möglichkeit zum Aufhängen. Das hätte ich mir vorher schonmal überlegen können. Hatte ich auch, aber nicht zu Ende.
Der Wäscheständer unten schied aus, erstens hingen da T-Shirts und Handtücher dran und zweitens würde das dem großen schwarzen Hund nur zu gut gefallen: Nudeln, die nicht ausser Reichweite oder sich gar in Nasenhöhe befinden, sind ganz schnell mal weg. Alles schon erlebt. Also musste mein Mann in die Bresche springen. Ich dachte an die langen Bambusstangen aus dem Gewächshaus. Doch es regnete ohne Unterlass an diesem Wochenende und er kam nicht weiter als bis zur Garage.
Aber immerhin ist er kreativ. Zehn Minuten später hatte ich meinen Nudeltrockner: einen Golfschläger (ich glaube, er nannte ihn Putter), wackelig drapiert auf Teekanne und Thermoskanne. Leider hätte ich für die Menge wenigstens vier weitere gebraucht. Aber die zu opfern war er nicht bereit, sonst hätte er nicht mehr spielen gehen können, und ich hatte auch keine vier Tee- und Thermoskannen mehr in petto. Egal, irgendwie haben wir es wieder hinbekommen.
Was zählt, ist schließlich der gute Wille. Weihnachten kann ruhig kommen.