Sonntags Brötchen

Demnächst sind sie alle ausgeflogen – meine Kinder meine ich. Deprimiert bin ich deshalb nicht, eher besorgt, dass sie sich auch gut um sich selbst kümmern.

Übrigens war das einer der Gründe, warum ich vor fast genau acht Jahren mit diesem Blog an den Start gegangen bin. Klar, weil ich eine Leidenschaft für gutes Essen habe, aber auch, weil sich damals meine älteste Tochter aus dem Haus verabschiedete. Ich fand es ganz praktisch, sie so mit meinen Rezepten und Ideen versorgen zu können – was man als Mutter eben so macht. Nach meinem Sohn zieht es jetzt das letzte Kind in die Stadt. Im Januar habe ich für diese Tochter – so, als müsste ich schnell noch etwas nachholen – extra ganz viel vegan gekocht, damit auch sie ein gutes Nachschlagewerk hat und nicht vom Stängel fällt.

Und so wird es bei uns bald ruhiger.

Was ich nicht besonders vermissen werde, sind die seit Jahrzehnten ran geschafften Sonntagsbrötchen vom Bäcker – das wird mit sofortiger Wirkung eingestellt. Man muss sie eigentlich als Bestandteil eines Rituals sehen, als Bestandteil der Idee vom gemütlichen, gemeinsamen Familien-Sonntagsfrühstück. Gut, es war meistens gemütlich, aber von „gemeinsam“ im Sinne von „nicht nur mein Mann und ich“ war spätestens ab dem Zeitpunkt keine Rede mehr, ab dem bei den Kindern das Bedürfnis nach einem bis in den Mittag ausgedehnten Schlaf deren Appetit übertraf.

Die einen frühstückten irgendwann im Lauf des Tages, während die anderen schon mit dem späten Mittagessen beschäftigt waren. Es war eine Art schleichender, passiver Widerstand, der mit der Totalkapitulation von uns Eltern endete. Bitte, wer will auch schon mit unausgeschlafenen, muffeligen Teenagern am Tisch sitzen. Als Lockmittel für sehr wache Kleinkinder zum gemeinsamen frühen Spaziergang mit dem Hund zum Bäcker, wo es dann vielleicht schon ein klebriges Franzbrötchen auf die Faust gibt, mochten sie noch taugen. Aber später hat das seinen Reiz einfach verloren und die Brötchen haben sich verselbständigt.

In der Tat trifft man beim Bäcker sonntags vorwiegend Väter. So auch meinen Mann, der diesen Part übernahm, weil er Brötchen liebt. Nun scheint er tatsächlich nach Jahren geläutert, genau genommen nach einer Woche Heilfasten mit Kräutertee und Gemüsesaft und der neuen Erkenntnis nach einschlägiger Lektüre, die da heißt: mehr Ballaststoffe. Damit steigen die Chancen auf gesundes Vollkornbrot. Ich sag’s ja schon lange …

Da er noch im Hungermodus war, lag es an mir, noch einmal die sonntägliche Bäckertüte für meine Tochter und mich zu holen, um dann – wie sollte es anders sein – alleine zu frühstücken. In dieser Hinsicht werden die Sonntage also künftig erfreulicher, und das Frühstück kann einfach wieder nur gemütlich sein.

Allerdings haben die Kinder schon angekündigt, dass sie sich dann häufiger an Wochenenden zum gemeinsamen Mittagessen und Kuchen einladen. Ich freue mich, ich koche gerne für sie. Ehrlich gesagt wäre das schon seit langem die bessere Lösung gewesen, um als Familie sonntags gemeinsam am Tisch zu sitzen.

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